Botschafter ihrer Kultur
Weimar. (tlz) Karlheinz Stockhausen, Wolfgang Rihm, Mauricio Kagel und Krzysztof Penderecki dürften selbst jenen bekannt sein, die mit Neuer Musik wenig vertraut sind. Doch wie steht es mit Komponisten der Gegenwart aus Spanien, Portugal und Lateinamerika? Diese in Deutschland bekannter zu machen, hat sich ein vor eineinhalb Jahren in Weimar gegründeter Verein zum Ziel gesetzt. Damit holen aus Süd- und Mittelamerika, Spanien und Portugal stammende Studierende und Alumni der Hochschule für Musik Franz Liszt die musikalische Kultur ihrer Heimat ein Stück weit ins Rampenlicht.
"Musica Iberoamericana" haben sie ihren Verein getauft. "Uns ist wichtig, die Frage nach unserer kulturellen Identität zu thematisieren", unterstreicht Gründungsmitglied Daniela Fugellie. Jetzt tritt das aus dem Verein hervorgegangene Ensemble erstmals an die Öffentlichkeit: Nach einem ersten Auftritt am Dienstag, 21. April, im Ibero-Amerikanschen Institut in Berlin, stellt sich das Ensemble Iberoamericano am Freitag, 24. April, mit einem ersten Konzert auch in Weimar vor. "Da wir alle schon seit einigen Jahren in Deutschland sind, haben wir natürlich auch Freunde, Partner und Arbeitspartner aus anderen Ländern, und dies zeigt sich in der Zusammenstellung der Musiker", erklärt Daniela Fugellie, warum auch einige nicht aus dem iberoamerikanischen Kulturraum stammende Musiker dem Ensemble angehören.
Anlässlich des internationalen Tages des Buches am 23. April haben die Vereinsmitglieder ein Projekt konzipiert, das beispielhaft den musikalischen, aber auch literarischen Reichtum Iberoamerikas aufzeigen soll. Wie Daniela Fugellie erläutert, wurden dafür auf literarische Vorlagen basierende Werke bekannter iberoamerikanischer Komponisten des 20. und 21. Jahrhunderts ausgewählt. Die Lesung mit einlei- tenden Texten wird von Dr. Esther Morales Cañadas, Dozentin im Institut für Romanistik der Schiller-Universität Jena, gestaltet. Und damit die Gedichte bzw. die auf Spanisch geungenen Texte auch für all jene verständlich sind, die kein Spanisch sprechen, werden deutsche Untertitel eingeblendet. Wie ernsthaft und engagiert der Verein sein Ziel verfolgt, dokumentiert der persönliche Kontakt zu inzwischen mehr als 100 Komponisten aus iberoamerikanischen Ländern: "Wir haben über 200 E-Mails geschrieben, und etwa 100 Komponisten haben sehr gut reagiert. Wir haben ein Projekt für eine größere Besetzung (Kammerorchester), und es gibt schon zwei Werke, die uns gewidmet sind", berichtet Daniela Fugellie. Ein Werk wurde sogar eigens für das Ensemble geschrieben. Bislang hapert es noch an der Finanzierung, um auch dieses Projekt zu verwirklichen. "Die Komponisten waren insgesamt sehr interessiert an der Idee einer Vernetzung zwischen Iberoamerikanern, die in verschiedenen Ländern leben und wirken. Durch diesen Kontakt haben wir die Möglichkeit, sehr schnell einen Eindruck zu bekommen, wer ein Stück zu einem bestimmten Thema komponiert hat." Zudem möchte der Verein Diskussionsplattform und Treffpunkt für Komponisten, Interpreten, Musikwissenschaftler und anderen an der zeitgenössischen iberoamerikanischen Musik und Kultur Interessierten sein. […]
Quelle: TLZ, 17. April 2009, von Christiane Weber